Zé do Rock: der pole is lustiger

Die Freiheit riecht nach VanilleJa, klingt süß, der tittel des buches von Dariusz Muszer. Der inhalt widerum is bitter, grau, regnerisch und grau, der held oder antiheld oder erzäler wont in Hanover.

Im ersten kapittel, das logischerweise VORSPEISE heisst, wird der held präsentiert: er hätte in Svingen, im norwegischen Telemark geboren werden sollen, aber die mächtigen gefiderten – ich weiss nich ob es sich um störche, enten oder hüner handelt – ham sich ein kleinen irrtum geleistet, und der arme is als bebi an der deutsch-polnischen grenze deponiert worden, allerdings auf der polnischen seite. Hundert meter weiter westwärts wär seine kindheit ganz anders verlaufen, meint er. Er wär ein ganz andrer mensch geworden. Klar. Ein deutscher ingenieur, vileicht, und kein polnischer schriftsteller. Aber er glaubt, es hätte schlimmer kommen können, wär er zum beispil in Afrika, Südostasien oder mitten im Atlantischen Ozean gelandet. Was heisst „in Afrika wärs schlimmer“? Was is schlimmer als Polen? In Afrika gibts gutes bir, in Polen schlechten vodka. In Afrika sind die tage hell und warm, in Polen kann man nich mal ein tag von einer nacht unterscheiden, so dunkel und trist sind die tage. Geschweige denn die nächte. In Deutschland is es zwar nich heller als in Polen, aber wenigstens schmekt das bir einiger maße. Der held sagt von sich selbst, das er „das kleinste schwarze arschloch der universums is“, das kann ich mir nich vorstellen. In Polen gibts mit sicherheit vile arschlöcher, aber selten sind sie klein und schwarz. Und ob es im endefekt mer arschlöcher in Polen gibt als sonstwo, sei mal dahingestellt.

Das zweite kapittel heisst nich Hauptspeise sondern Mich verfolgt ein sowietrussischer penis. Damit will der autor uns sagen, das sein vater ein russe sein könnte. Immer die schuld auf die russen schiben, das ham wir gern. Die folgenden kapittel ham nich mer ganz so klangvolle namen: „Die schlampe“, oder „Wie ich chinesisch und jiddisch lernte“, usw. Dann kommt der held nach Deutschland, hat kein geld, lebt als penner und wird irgendwann verdächtigt, ein serienmörder zu sein. Als wärs nich genug, das man gegen ihn ermittelt, beginnt er selber in seiner dunklen vergangenheit nachzuforschen und entdekt in feindetektivischer arbeit, das sein großvater väterlicherseits ein SS-mann und sein großvater mütterlicherseits ein jude war. Wie man sich denken kann, gab es zwischen den beiden durchaus familiäre spannungen.

Am anfang jeden kapittels gibt es ein zitat. Im kapittel „Die Deutschmacher“ stet: „Meine herren und damen, machen Sie nicht auf den ramen, machen Sie in die mitte, das is deutsche sitte“ (klospruch). Hier erzält uns Muszer von eim deutschmacherlager, das es irgendwo unweit von Hanover gibt. Da gest du als pole oder russe rein, und kommst als deutscher raus. Unser held meint, er wär ab dem punkt ein deutscher. Als wär das so einfach. Es is leicht ein americaner zu sein: man kauft sich kurze hosen, weisse socken, kaugummi, krümmt den mund beim sprechen, rollt die ARRS, und schon verschwindet man in der masse. Aber um deutscher zu sein, was tut man da? Was zit man an? Naja, eine dike jake natürlich, es is ja kalt, aber ein mann mit einer diken jake macht dann doch noch kein deutschen. Man get mit eim birkrug durch die gegend? Nein, ein mann mit birkrug in der hand is noch lange kein deutscher. Er, der erzäler, sagt aber: Ich bin jetz ein deutscher. Und da hat er sich endgültig verraten. Wo hat man schon ein deutschen geseen, der laut zugibt, ein deutscher zu sein?

Aber seis drum, es gibt auch nette zitate, wie zum beispil „Mercowy sneh cini pak derje pak zle“ (alte sorbische weisheit). Da weiss man was man hat. Verstanden hab ich’s trotzdem nich. Genausowenig wie die tatsache, das der roman später ins kriminelle und schliesslich ins paranormale schlittert. So is der vater des helden zwar tot, aber kommt regelmäßig auf eine tasse kaffee vorbei. Das ich das nich verstee, kann man negativ auffassen, muss man aber nich. Es gibt einige autoren, die ich nich verstee, einer davon hat sogar neulich ein schwedischen literaturpreis gewonnen, wärend Dariusz Muszer nur ein literaturpreis weiter südlich von Schweden gewonnen hat, nämlich in Nidersaxen. Und wenn ich die beiden so vergleich, da muss ich schon sagen, der pole is lustiger.

© Zé do Rock

Dariusz Muszer: Die Freiheit riecht nach Vanille, Roman. A1 Verlag, München, 216 Seiten