Schriftsteller Dariusz Muszer
las aus seinem Roman “Der Echsenmann”
WEYHE (ak) – „Was sind sie für ein Landsmann?“ fragt sich nicht nur die ältere Dame in Kastanienbraun im Roman „Der Echsenmann“ von Dariusz Muszer (Jahrgang 1959). Auch den Zuhörern der Lesung im Weyher Rathaussaal am vergangenem Mittwoch offenbarten sich nur ansatzweise die wundersamen Wandlungen seiner Romanfigur Espen Askeladden.
Der nach eigenem Bekunden „einzige Hannoveraner, der ausreichend Feuer in sich hat, um sich selber zu entzünden“ wechselt zwischen Tier- und Menschengestalt und Nationalitäten fast wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Er ist als gleichnamiger Held norwegischer Märchen Taxifahrer, Fantasieberater und steht zudem noch unter Mordverdacht.
Eine Frauenleiche soll Askeladden im Wald gefunden und die Polizei benachrichtigt haben. Daran kann er sich genauso wenig erinnern wie an seinen Namen.
Allerdings kommt es ganz anders als erwartet und der Kriminalroman entwickelt sich zwischen Vorstadtdschungel und Märchenwald als Spurensuche des Helden in eigener Sache. In einer von Bären, Echsen, Prinzessinnen und Gartenzwergen bevölkerten, oft bösen Märchenwelt zwischen Realität und Lüge ahnt Askeladden ein schlimmes Ende.
Wie es tatsächlich ausgeht wurde am Abend nicht verraten, aber „wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute“ hat bei Dariusz Muszer oft eine andere, schwarze Bedeutung.
Wie die Hauptperson des Romans war auch sein Erfinder, Taxifahrer, hat drei Überfälle von Deutschen überstanden, war Dachdecker, Schauspieler, Musikant Lind sogar Totengräber. Facettenreich sind somit auch seine beschriebenen Personen, und kein Blatt vor den Mund nimmt der freie Schriftsteller bei deren Kommentaren. Auf die Frage aus dem Publikum, warum er als gebürtiger, in Deutschland lebender Pole auf deutsch schreibe, gibt Muszer eine einleuchtende Antwort. „Es gibt wenig schwarz schreibende Polen, die auf deutsch schreiben“ und somit entdeckte er für sich eine Marktlücke zwischen Bau und Spargel. Unangenehme Sachen seien für ihn besonders interessant, die er allerdings nur mit Humor bewältigen könne. Somit gäbe er als Verfasser bitterböser Romane dem Leser oder Zuhörer immer die Möglichkeit zu lächeln, auch wenn seine Helden alle Nationen beleidigen.
Wie Muszer wissen ließ, will er nicht provozieren, sondern seine Wahrheit aufschreiben. Seine Bücher schreibt er nicht für die Marktwirtschaft und somit konnte ihn auch die knappe Handvoll an Zuhörern in Weyhe nicht enttäuschen. Es sei eben schwierig auf dem Lande zu lesen, außerdem wären ja die richtigen Leute da gewesen.
Kreiszeitung, 19. September 2003
© Kreiszeitung
Dariusz Muszer: Der Echsenmann, Roman. A 1 Verlag, München, 208 Seiten