Jan Gardemann: Ein unbehagliches Lesevergnügen

Gottes HomepageDariusz Muszer präsentiert mit seinem Science-Fiction Roman „Gottes Homepage“ eine gute Mischung aus Aktion und schrägen Einfällen. Erstaunlich ist, wie er es schafft, die Geschichte trotz des Feuerwerks aus Ideen, mit dem er den Leser hin und wieder förmlich blendet, völlig glaubwürdig erscheinen zu lassen. Gerade die manchmal etwas abwegigen Einfälle und die seltsame Betonung auf Nebensächlichkeiten, die ein anderer Autor niemals einer Erwähnung für würdig befunden hätte, ergeben zusammen einen interessanten und manchmal höchst verstörenden Entwurf einer Zukunft in Osteuropa und Deutschland. Um die dargestellte Zukunft tatsächlich eintreffen zu lassen, bedarf es aber vermutlich nicht einmal der Außerirdischen, die in Dariusz Muszers Werk natürlich auch nicht fehlen.

Wie in seinen vorhergehenden Romanen „Die Freiheit riecht nach Vanille“ und „Der Echsenmann“, so scheut Dariusz Muszer auch in seinem neuen Roman nicht davor zurück, Szenarien zu entwerfen, die einem Bundesdeutschen Bürger einen eiskalten Schauer über den Rücken jagen. „Außerdem ist es doch besser, ein Dieb zu sein als ein Nazienkel“, merkt einer der zahlreichen Figuren in dem Roman nüchtern an. Da haben die meisten von uns wohl Pech gehabt und müssen bei der Lektüre dieses Buches streckenweise mit erheblichen Unbehagen rechnen. Dariusz Muszer bedient sich allerdings einer schelmischen, hintergründigen Erzählweise und versüßt uns dadurch manche bittere Wahrheit!

Die Zukunft ist aber nur eine Zeitebene, die Dariusz Muszer in seinem Roman behandelt. Einen ebenso wichtigen Stellenwert nimmt die Gegenwart und die Vergangenheit ein. Doch beides wird aus der Zukunft heraus betrachtet und erscheint dadurch in einem völlig anderen Licht. Dieser literarische Trick ermöglicht es dem Autor die Realität unserer Gegenwart etwas zu verschieben und dadurch Dinge und Sachverhalte aufzudecken, die unser Leben zwar nicht gänzlich in Frage stellen, es aber bei weitem nicht so behaglich und sicher erscheinen lässt, wie es uns vielleicht vorkommt.

In Deutschland gibt es noch immer die Trennung zwischen U- und E-Literatur. Dariusz Muszer schaffst es mit seinem Buch aber auf erfrischende Weise, das einfach zu ignorieren. Und so goutiert man, während man meint, einen SF-Roman zu lesen, nebenbei auch noch ein Stück neue deutsche Literatur.

Und was hat das alles nun mit Gottes Homepage zu tun? Das Vergnügen, dies lesend herauszufinden, sollte sich keiner nehmen lassen!

Phantastik-News, 23 Mai 2007
© Jan Gardemann

Dariusz Muszer: Gottes Homepage, Roman. A1 Verlag, München, 219 Seiten